Hauswurzen werden hauptsächlich wegen ihrer schmückenden Rosettenform und -färbung kultiviert. Die deutsche Bezeichnung "Steinrosen" legt hiervon Zeugnis ab.
Doch die nur ab und zu ausgebildeten, dann aber reichhaltigen Blütenstände sind Anlass zu besonderer Freude.
Die Großblütige Hauswurz bzw. Gaudins Hauswurz (Sempervivum grandiflorum) bildet bei mir Ende Mai-Anfang Juni den Auftakt der Blühsaison.
Einige ihrer Rosetten wölben sich aus ihrem Zentrum in stetiger Dynamik nach oben, bilden dicke, bizarr beblätterte Stängel, an deren oberen Ende alsbald Knospen erkennbar werden, die sich zu gelben Blütensternen öffnen.
Berg-Hauswurz (Sempervivum montanum) folgt trübpurpur-violett im Blütenreigen.
Danach öffnen sich in der zweiten Junihälfte die prächtig rosa oder leuchtend karminroten Blüten der Spinnweben-Hauswurz (Sempervivum arachnoideum) - siehe das Foto ganz oben. In schönem Kontrast hierzu stehen die oft weißfilzig übersponnenen Rosetten dieser empfehlenswerten Art und ihrer Sorten.
Am Blütenstand sieht man übrigens, dass es sich streng genommen wie auch bei den Steinbrechen (Saxifraga) bei Hauswurzen botanisch nicht um Rosetten-Pflanzen, sondern um Halbrosetten-Pflanzen handelt, weil die Rosetten nicht nach oben abgeschlossen sind, sondern nach oben hin auslaufen. Das sieht man allerdings erst, wenn sie blühen wollen.
Am Stängel des Blütenstandes finden sich folglich Blätter.
Anders gesagt: Deren Sprossachse besteht aus einem gestauchten ("rosettenbildenden") und einem gestreckten Abschnitt mit Laubblättern, dem Stängel, der den Blütenstand trägt.
Auf dem Foto links ist der sich machtvoll ausbildende Blütenstand an der Sorte Sempervivum 'Red Glean' zu sehen. Bald werden oben die ersten Knospen erscheinen.
Die nektarreichen Hauswurzblüten sind "vormännlich". Das heißt: Zunächst wird mit Hilfe des doppelten Staubblattkreises Blütenstaub freigegeben, dann erst werden die Narben auf den Griffeln des inneren Fruchtblattkreises (hier grün) für Blütenstaub (= Pollen) empfängnisfähig.
Dadurch wird eine Selbstbefruchtung verhindert, wie dies bei allen Hauswurzen mehr oder weniger der Fall ist.
Auf dem Foto links ist die Blüte gerade im männlichen Stadium: Auf manchen Staubblättern sind die gelben Pollen bereits reif.
Interessant ist auch die artenreiche Gruppe der Wildbienen als Blütenbesucher.
Nicht nur für die Wildbienen sind die Hauswurzblüten ein Himmel auf Erden!
Manuel Werner, Nürtingen